Bei einem meiner Streifzüge durch die nähere Umgebung bin ich mit Azrael einmal an das Kloster in Seligenstadt am Main gefahren. In direkter Nachbarschaft zum Kloster fand ich auf dem Alten Friedhof eine Gedenkstätte für Sternenkinder.
Da ich nicht damit gerechnet hatte, erwischte mich die Flut an Emotionen mit voller Wucht.
Die Gedenkstätte schlängelt sich zwischen mehreren Säulen mit kleinen Texten hin zu einer zentralen Installation.
Die Texte auf den Säulen sind sehr anrühren und einfühlsam, beschreiben sie doch sehr gut die Gedanken und Gefühle, insbesondere die Frage nach der Schuld hat mich sehr berührt, habe ich mir diese Frage doch auch immer wieder gestellt…
Komm, großer schwarzer Vogel, Komm jetzt! Schau, das Fenster is weit offen, Schau, ich hab der Zucker aufs Fensterbrett g’straht.
Komm, großer schwarzer Vogel, Komm zu mir! Spann‘ Deine weiten, sanften Flügel aus Und leg’s auf meine Fieberaugen! Bitte, hol‘ mich weg von da!
Und dann fliegen wer Aufi, mitten in Himmel eini, In a neuche Zeit, In a neuche Welt. Und i werd‘ singen, I werd‘ lachen, I werd‘ „das gibt’s net“, schrei’n, Weil, i werd‘ auf einmal kapier’n Worum sich alles dreht.
Komm, großer schwarzer Vogel, Hilf mir doch! Press‘ Dein‘ feuchten, kalten Schnabel Auf meine Wunde, auf meine heiße Stirn!
Komm, großer schwarzer Vogel, Jetzt wär’s grad günstig! Die ander’n da im Zimmer schlafen fest Aber ganz leise sein, Da hört uns die Schwester ned Bitte, hol mich weg von da!
Und dann fliegen wir Aufi, mitten in Himmel eini, In a neuche Zeit, In a neuche Welt. Und i werd‘ singen, I werd‘ lachen, I werd‘ „das gibt’s net“, schrei’n, I werd‘ auf einmal kapier’n Worum sich alles dreht.
Ja, großer schwarzer Vogel, Endlich! Ich hab‘ Di gar ned eini kommen ghert, Wie lautlos Du fliegst, Mein Gott, Wie schön Du bist!
Auf geht’s, großer schwarzer Vogel, Auf geht’s! Baba, ihr meine Lieben daham! Du, mei Mädel, Und du, Mama, baba! Bitte, vergesst’s mi ned!
Auf geht’s, Mitten in Himmel eini, Ned traurig sein! Na, na, ist ka Grund zum Traurigsein! Weil, i werd‘ singen, I werd‘ lachen, I werd‘ „des gibt’s net“ schrei’n. I werd‘ endlich kapier’n I werd‘ glücklich sein!
I werd‘ singen, I werd‘ lachen, I werd‘ „des gibt’s net“ schrei’n. I werd‘ endlich kapier’n, I werd‘ glücklich sein!
Ja, i werd‘ singen, I werd‘ lachen, I werd‘ „des gibt’s net“ schrei’n I werd‘ endlich kapier’n I werd‘ endlich glücklich sein!
I werd‘ singen I werd‘ lachen I werd‘ „des gibt’s net“ schrei’n I werd endlich kapier’n I werd‘ endlich glücklich sein!
Ludwig Hirsch
Dieser Text wurde 1979 von Ludwig Hirsch geschrieben und wer dieses Lied einmal gehört hat, den wird es nicht mehr loslassen. Zumindest mir ist es so ergangen und das ist schon einige Jahre her.
Ludwig Hirsch nahm sich 32 Jahre später das Leben, ließ sich vom großen schwarzen Vogel in den Himmel tragen – er war unheilbar an Lungenkrebs erkrankt.
Ob er zum Zeitpunkt, als er den Text schrieb, wusste, was ihm bevorstand?
Ich weiß es nicht, aber sicher beschäftigt sich jeder irgendwann in seinem Leben mit dem Tod, mit dem eigenen Tod und vielleicht auch mit dem Gedanken, diesem Leben ein Ende zu setzen?
Ich für meinen Teil habe das schon getan.
Und jedes Mal hat mich der Gedanken daran, dass ich wissen möchte, was morgen sein wird, davon abgehalten es zu tun – denn es gibt immer ein Morgen!
Und es liegt an uns, dieses Morgen zu gestalten, mit Leben, mit Liebe, mit Lachen zu füllen!
Lasst uns Lieben, lasst uns Lachen, lasst uns Leben!
Vor kurzem habe ich dem Naturfriedhof Bischling im Spessart einen Besuch abgestattet.
Idyllisch am Waldrand oberhalb von Sailauf gelegen, befindet sich dort dieser Wald- oder Naturfriedhof. Die Grabstätten sind rings um die Bäume angelegt und kleine Grabsteine helfen die jeweiligen Gräber zu finden.
Grundsätzlich bin ich von solchen Anlagen angetan, symbolisieren Sie doch stärker als es ein „normaler“ Friedhof kann, die Vergänglichkeit und den Kreislauf des Lebens. Doch auf der anderen Seite denke ich an die Angehörigen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind und dann nicht mehr ohne fremde Hilfe und unabhängig ihre Lieben besuchen können.
Da fällt mir immer eine Begebenheit an einer Urnenwand ein, welche ich beobachten konnte:
Ältere Dame tritt an eine Urnenwand heran und klopft an eine Grabplatte. „Schorsch, ich bin jetzt da.“
Im ersten Takt war ich doch sehr verwundert, im zweiten Takt musste ich, ob dieser Geste der Liebe und Nähe, die in dieser Begrüßung lag, lächeln.
Weiterhin „stört“ mich die Tatsache, dass es hier „nur“ Urnengräber gibt und mit dem Gedanken, mich verbrennen zu lassen, konnte ich mich noch nicht anfreunden.
Wie denkt Ihr darüber?
Modetrend, Zeitgeist oder schöner Gedanke und das wäre eine Option für Euch?