Ein Leichenwagen und seine Erlebnisse

Kategorie: Reisen (Seite 9 von 25)

Reiseberichte außerhalb von Friedhöfen

Wien (4)

Babygruppe Wiener Zentralfriedhof

Ganz ehrlich, ich finde den Untertitel schrecklich.

Das ist aber die offizielle Bezeichnung dieses Bereiches auf dem Wiener Zentralfriedhof.

Die von der Stadt Wien zu bestattenden fehlgeborenen Kinder werden feuerbestattet und die Leichenasche anschließend in einer Sammelurne in eine Sammelgrabstelle in der Gruppe 35B nahe des Trauerpavillons in der Babygruppe direkt bestattet. Dies geschieht viermal jährlich (an jedem ersten Freitag im März, Juni, September und Dezember).

Webseite der Friedhöfe Wien

Gruppe 35B

Babyfriedhof

Dieses Schild empfängt einen, wenn man den direkten Weg von Tor 3 zu diesem Gräberfeld wählt.

Es befindet sich ca. 400 Meter vom Tor entfernt auf der rechten Seite des Weges.

Ich für meinen Teil war anfänglich von der Anlage angetan.

Zwischenzeitlich habe ich meine Meinung geändert.

Im Vergleich zu anderen Anlagen und im Hinblick auf die Möglichkeiten auf dem Gelände des Zentralfriedhofes finde ich es sogar beschämend für die Stadt Wien.

Mein Eindruck

Die Anlage ist zwar sehr weitläufig und aufgelockert.

Doch gerade das stört mich bei näherer Betrachtung. Es gibt keine Rückzugsbereiche für Trauernde. Auch der Trauerpavillon bietet hier keinen „Schutz“.

Gerade der Verlust eines Kindes ist ein sehr einschneidendes Erlebnis und viele Familien fühlen sich schuldig am Tod des Kindes.

Die Trauer am Grab des Kindes oder an einem Gedenkstein ist ein sehr intimer Moment. Hier auf diesem Grabfeld ist man „ungeschützt“ auf dem Präsentierteller.

Ich heiße dich willkommen –

und gleichzeitig nehme ich in Trauer von dir Abschied

während ich dich in meinen Armen halte.

Dich der mir wohlbekannt war

in der Tiefe meines Herzens

Du bist so wirklich für mich

für die kurzen Momente,

und doch für alle Ewigkeit.

Julie Fritsch

Auch die Beschreibung dieses Bereiches auf der Webseite der Friedhöfe Wien finde ich etwas unglücklich:

https://www.friedhoefewien.at/babygruppe-zentralfriedhof

Wie denkt Ihr darüber?

Wien (3)

Es lebe der Zentralfriedhof (1)

Der Wiener Zentralfriedhof wurde 1874 eröffnet und zählt zu den größten Friedhöfen Europas.

Nach insgesamt sieben Erweiterungen umfasst er nun eine Fläche von fast zweieinhalb Quadratkilometern.

Verkehr

Aufgrund seiner Größe ist es auch gestattet, den Friedhof zu befahren. Hierzu befindet sich an fast allen Toren Schranken, an denen man ein Ticket (zurzeit 4.- EUR) ziehen kann.

Dies ist vor allem für ältere oder in Ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen gedacht.

Zusätzlich gibt es eine Buslinie auf dem Friedhof. Auch kann man eine Fahrt mit dem „Fiaker“ auf dem Friedhof machen.

Sehenswürdigkeiten

Natürlich sind die Prominentengräber eine besondere Sehenswürdigkeit.

Unter anderem sind im Bereich der Ehrengräber zB. Hans Moser, Udo Jürgens, Beethoven und weitere Prominente bestattet.

Falco ist dort nicht zu finden, sein Grab liegt in einem anderen Bereich des Friedhofes.

Auch das Bestattungsmuseum ist ein Besuch wert.

Soweit ein erster Überblick über diesen wunderschönen Ort.

Wien (2)

Friedhof der Namenlosen (2)

Fast auf allen Gräbern waren diese orangefarbigen Herzen zu finden. Dieses Zeichen der Zuneigung wirkt zugleich wie ein Farbklecks in der Traurigkeit dieses Ortes.

Ausweglosigkeit

Alle die sich hier gesellen,

Trieb Verzweiflung in der Wellen kalten Schoß

Drum die Kreuze die da ragen,

Wie das Kreuz das sie getragen,

„Namenlos“

Gedicht v. Graf Wickenburg

Dies ist ein Auszug eines Gedichtes, welches auf einer Tafel am Eingang des Friedhofes zu finden ist.

Wie verzweifelt muss jemand sein, der als einzigen Ausweg den Gang in die Donau sieht?

Sicher kann man unsere heutige Zeit mit damals nicht vergleichen und das Leben zu dieser Zeit dürfte um einiges beschwerlicher gewesen sein. Doch dann den „Freitod“ zu wählen – im Wissen, das man damit jegliches christliche Begräbnis verwehrt bleibt – zu dieser Zeit, dürfte noch deutlicher die Verzweiflung dieser Menschen zeigen.

Atmosphäre

Im ersten Moment mögen viele Besucher von dem Friedhof enttäuscht sein. Ein paar Reihen mit Kreuzen sieht man auf jedem Friedhof.

Nehmt Euch die Zeit und lasst die Atmosphäre des Ortes auf Euch wirken.

Haltet einen Moment inne, versetzt Euch in die damalige Zeit.

Ihr seid vielleicht fernab Eurer Lieben als Knecht oder Magd angestellt, tagein, tagaus besteht Euer Leben nur aus arbeiten, arbeiten, arbeiten, zu einem Hungerlohn.

Dann verliert Ihr vielleicht Euer Lohn und Brot, könnt Euren Lieben zuhause kein Geld mehr schicken oder Ihr werdet aus irgendeinem Umstand schwanger und die Schande…

Euer einziger Ausweg diesem Leid zu entfliehen ist die Donau…

An einem kalten Novembermorgen, im frühen Nebel des Tages entschließt Ihr Euch in den Fluß zu gehen und diesem weltlichen Dasein ein Ende zu bereiten.

…durch fremde Hand

Dieses Grab dürfte jeden berühren – ein 11jähriger Junge, der durch „Fremde Hand“ den Tod in den Fluten der Donau fand.

Wer beobachte diese schändliche Tat?

Woher wusste man den Namen des Jungen?

Was geschah mit dem Täter?

Ein weiteres Einzelschicksal auf dem Friedhof der Namenlosen.

Ich hoffe, das dieses Kleinod der Friedhofskultur noch lange ehrhalten bleibt und sicher werde ich den Namenlosen bei meinem nächsten Besuch wieder einen Besuch abstatten.

Dann werde ich definitiv einen Strauß weiße Rosen dabei haben und auf die Gräber verteilen.

« Ältere Beiträge Neuere Beiträge »

© 2025 Azraels Reisen

Theme von Anders NorénHoch ↑

Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner