Ein Leichenwagen und seine Erlebnisse

Kategorie: Sternenkinder (Seite 4 von 6)

Sternenkinder, Totgeburten, Kindergräber

Denkanstoß (2)

Kein Vater sollte sein Kind zu Grabe tragen

Pippin:

„Ich hätte nicht gedacht, dass es so endet …“

Gandalf:

„Endet? … Nein, hier endet die Reise nicht. Der Tod ist nur ein weiterer Weg, einer, den wir alle gehen müssen. Der graue Regenvorhang dieser Welt wird zurückgezogen und alles verwandelt sich in silbernes Glas … Und dann siehst du es …“

Pippin:

„Was, Gandalf? Was sehe ich?“

Gandalf:

„Weiße Strände … und dahinter ein fernes grünes Land hinter einer rasch aufgehenden Sonne.“

Pippin:

„Na, dann ist es doch nicht so schlimm …“

Gandalf:

„Nein, das ist es nicht …“

aus „Herr der Ringe (Film), Tolkien

Wie kann etwas enden, das noch nicht einmal begonnen hat?

Ich weiß, das es schwer vorstellbar ist, doch versucht es einmal. Versucht Euch vorzustellen, wie das wäre, wenn Ihr für etwas über einen längeren Zeitraum Vorbereitungen trefft, Einkäufe tätig, Eure Wohnung umgestaltet, für den Moment, an dem ein neuer Erdbürger zu Euch nach Hause kommen soll und dann…

Wir waren Abends noch bei Verwandten gewesen und alles war in Ordnung. In der Nacht ging es meiner Frau schlechter und wir fuhren ins Krankenhaus. Meine Frau hatte Fieber und Schüttelfrost, von einem Moment zum Nächsten.

Nach einiger Zeit normalisierte sich Ihr Zustand, die Herztöne des Kleinen waren normal und sie kam auf Station und ich fuhr relativ beruhigt nach Hause, um am nächsten Morgen wieder ins Krankenhaus zu fahren.

Dann klingelte das Telefon und die Hebamme bat mich, ins Krankenhaus zu kommen. Erst auf Nachfrage teilte Sie mir mit, dass keine Herztöne mehr vorhanden seien…

Dort angekommen wurde die Geburt eingeleitet und mein Sohn kam auf diese Welt.

Ich bin so froh und Dankbar, das mir damals meine Frau meinen Sohn einfach in den Arm gelegt hat. Denn ich war zu diesem Zeitpunkt mit einer solchen Flut von Emotionen – auch Wut auf Ihn – erfüllt…

In den Tagen danach war ich dann mit Überleben, mit der Organisation und mit der Trauer meiner Frau beschäftigt, so das ich meine Trauer gar nicht zulassen konnte.

Der Mann hatte ja eine Aufgabe – „jagen gehen“ …

Ich kann es nur immer wieder sagen:

Männer, schämt Euch Eurer Tränen nicht! Lasst den Schmerz zu! Denn, um es mit den Worten von ASP zu sagen:

„Nur wer sich öffnet für den Schmerz, lässt auch die Liebe mit hinein“

Matthias Ambre / Alexander Spreng

Denkanstoß (1)

Kein Vater sollte sein Kind zu Grabe tragen“

Aufbahrungsraum beim Bestatter

Ich hatte es früher schon einmal angedeutet und heute und morgen nehme ich Euch mit auf die Beerdigung meines Erstgeborenen.

Oben seht Ihr den Aufbahrungsraum beim Bestatter, bei dem wir die Gelegenheit hatten, uns über mehrere Tage lang zu verabschieden. Viele Stunden haben wir hier verbracht, geweint, geschwiegen, gehaddert und gezweifelt…

…an uns, an Gott, an allem.

Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich mir damals die Frage gestellt habe

Warum?

ohne eine Antwort zu bekommen.

Letztendlich habe ich meine Trauer mit der Fürsorge um meine Frau zugedeckt, habe im blinden Aktionismus versucht, diese Situation zu bewältigen und wieder ins Leben zurückzufinden.

Trauerhalle

Man ist in solchen Zeiten so allein, so unsagbar einsam und in den Wochen und Monaten danach verstärkt sich dieses Gefühl, weil niemand versteht, warum man jeden Tag auf den Friedhof geht…

Deshalb ist es so wahnsinnig wichtig, dass es mittlerweile solche Initiativen und Vereine, wie den Veid e.V. gibt, bei dem man Hilfe findet (Link auf der rechten Seite).

„Hast du Angst vor dem Tod“, fragte der kleine Prinz die Rose. Darauf antwortete sie: „Aber nein. Ich habe doch gelebt, ich habe geblüht und meine Kräfte eingesetzt soviel ich konnte. Und Liebe, tausendfach verschenkt, kehrt wieder zurück zu dem, der sie gegeben. So will ich warten auf das neue Leben und ohne Angst und Verzagen verblühen.“

aus „der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry

Denn der schwache Trost, den Antoine de Saint-Exupery hier beschreibt – „Ich habe doch gelebt“ – den gibt es dort, wo das Leben endet, ohne das es begonnen hat, nicht.

Es gibt kein Haltegriff, kein Kino in dem der Film irgendwann endet.

Zum Glück gibt es heute in vielen Gemeinden die Möglichkeit Sternenkinder zu beerdigen, einen Ort für die Trauer und den Schmerz zu schaffen. Einen Ort, an dem man „mit dem Schicksal hadern kann“, für den stillen Disput mit „da oben“.

Es sind aber immer noch zu wenig dieser Orte und das ist ein Teil der Mission von AzraelsReisen. Wie das Thema Tod immer und immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Unseren westlichen Umgang mit dem Tod zu hinterfragen und zu ändern. Den Tod wieder dorthin zurückzuholen, wo er meiner Meinung nach hingehört:

Mitten ins Leben!

Kinder sterben leise

und Eltern trauern einsam

Grabfigur Rosenhöhe Darmstadt
Prinzessin Elisabeth Marie Alice Victoria von Hessen und bei Rhein

Naja, diese Beerdigung war sicherlich keine leise, denn schließlich handelte es sich bei der Toten um eine Prinzessin, die im Alter von 8 Jahren verstarb…

Doch in der Regel wird der Tod eines Kindes und insbesondere eines ungeborenen Kindes als Versagen der Eltern angesehen. Die Eltern fühlen sich oft ausgegrenzt, missverstanden und mit einem Schandmal gezeichnet.

Ich wohne in einer kleinen Ortschaft mit damals 1.500 Einwohnern. Wir hatten damals eine sehr verständnisvollen Pfarrer, der wusste, wie neugierig und „gesprächig“ die Dorfgemeinschaft war.

Normalerweise läuten die Glocken nach Bekanntwerden des Todesfalles 10 Minuten vor der Beerdigung. Unser Pfarrer unterlies dies und Niemand wusste vorher, wer da beerdigt wird, damit wir in Ruhe Abschied nehmen konnten.

Sicher sprach sich unser Schicksal danach rum und die Anteilnahme war schon sehr groß. Doch gleichzeitig hatte man immer das Gefühl, das diese Anteilnahme auch eine gehörige Portion Neugierde beinhaltete.

Und nach einiger Zeit hatte man das Gefühl – auch innerhalb der eigenen Familie – das genug getrauert sei und man sich dem Leben zuwenden solle.

Ich für meinen Teil musste ja auch relativ schnell in die „Normalität“ zurück und arbeiten gehen. Danach war ich so mit der Trauer und Sorge um meine Frau beschäftigt, dass ich Selbst meine Trauer und ganz besonders mein Hadern mit Gott nicht zu ließ.

Dies ist heute zum Glück anders, doch es wird immer wieder diese Tage geben, an denen ich zurück blicke.

Mit Stolz zurück blicke, denn irgendwann und diese Worte sind an alle gerichtet, die aktuell trauern – egal um wenn Sie gerade trauern – irgendwann geht auch diese tiefe Traurigkeit im Herzen vorbei und es wird Momente geben, an den Eure Herzen mit soviel Liebe und Glück gefüllt ist, das Ihr vor Freude weint.

Wenn Ihr Eurer Trauer und euren Tränen von Anfang an den Raum lasst, den Ihr braucht.

Schämt Euch nicht Eurer Tränen, Männer!

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