Ein Leichenwagen und seine Erlebnisse

Schlagwort: Tod (Seite 2 von 6)

Denkanstoß (1)

Kein Vater sollte sein Kind zu Grabe tragen“

Aufbahrungsraum beim Bestatter

Ich hatte es früher schon einmal angedeutet und heute und morgen nehme ich Euch mit auf die Beerdigung meines Erstgeborenen.

Oben seht Ihr den Aufbahrungsraum beim Bestatter, bei dem wir die Gelegenheit hatten, uns über mehrere Tage lang zu verabschieden. Viele Stunden haben wir hier verbracht, geweint, geschwiegen, gehaddert und gezweifelt…

…an uns, an Gott, an allem.

Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich mir damals die Frage gestellt habe

Warum?

ohne eine Antwort zu bekommen.

Letztendlich habe ich meine Trauer mit der Fürsorge um meine Frau zugedeckt, habe im blinden Aktionismus versucht, diese Situation zu bewältigen und wieder ins Leben zurückzufinden.

Trauerhalle

Man ist in solchen Zeiten so allein, so unsagbar einsam und in den Wochen und Monaten danach verstärkt sich dieses Gefühl, weil niemand versteht, warum man jeden Tag auf den Friedhof geht…

Deshalb ist es so wahnsinnig wichtig, dass es mittlerweile solche Initiativen und Vereine, wie den Veid e.V. gibt, bei dem man Hilfe findet (Link auf der rechten Seite).

„Hast du Angst vor dem Tod“, fragte der kleine Prinz die Rose. Darauf antwortete sie: „Aber nein. Ich habe doch gelebt, ich habe geblüht und meine Kräfte eingesetzt soviel ich konnte. Und Liebe, tausendfach verschenkt, kehrt wieder zurück zu dem, der sie gegeben. So will ich warten auf das neue Leben und ohne Angst und Verzagen verblühen.“

aus „der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry

Denn der schwache Trost, den Antoine de Saint-Exupery hier beschreibt – „Ich habe doch gelebt“ – den gibt es dort, wo das Leben endet, ohne das es begonnen hat, nicht.

Es gibt kein Haltegriff, kein Kino in dem der Film irgendwann endet.

Zum Glück gibt es heute in vielen Gemeinden die Möglichkeit Sternenkinder zu beerdigen, einen Ort für die Trauer und den Schmerz zu schaffen. Einen Ort, an dem man „mit dem Schicksal hadern kann“, für den stillen Disput mit „da oben“.

Es sind aber immer noch zu wenig dieser Orte und das ist ein Teil der Mission von AzraelsReisen. Wie das Thema Tod immer und immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Unseren westlichen Umgang mit dem Tod zu hinterfragen und zu ändern. Den Tod wieder dorthin zurückzuholen, wo er meiner Meinung nach hingehört:

Mitten ins Leben!

Ahn`ner Leitplank

Ein Knall, ein Schrei, Schluss, aus und alles vorbei.

Heute findet Ihr einen sehr nachdenklichen und berührten Azrael und mich vor.

Passend hierzu und als Einleitung sehr gut geeignet fiel mir ein Lied von BAP ein:

Fahr draan vorbei,
”Oh Mann”, denk ich mir dobei,
”Wie flöck dat jeht,
Dat et dieh Jlöck ni’ mieh deit.“
Un für ‘n Sekund
Ess et su, als ob ich he stund:
’Ne Knall, ’ne Schrei,
Schluss, aus un alles vorbei.

aus „Ahn`ner Leitplank“ von BAP

Am Samstag fuhr ich mit Azrael in die nächstgelegene Stadt. Der Weg dorthin führt auf einer Bundesstraße entlang und dann an einer Ampelanlage links in den Ort.

Als ich nun an der Ampel mit Azrael ankam, sah ich ca. 500 Meter vor mir auf der Gegenfahrbahn ein Trümmerfeld und links am Farbbahnrand ein Fahrzeug stehen. Erster Impuls – hinfahren, erste Hilfe leisten (mit einem Leichenwagen?) – im zweiten Moment, da sind sichtbar schon Leute an der Unfallstelle, es wird geholfen.

Auf dem Rückweg, ca. eine Stunde später war dieser Teil immer noch gesperrt und dementsprechend war klar, dass hier ein Unfall mit Todesfolge geschehen sein musste, da eine längere Unfallaufnahme stattfand. Feuerwehr und Rettungsdienst waren keine mehr zu sehen.

Später habe ich erfahren, das ein Auto aus unbekannten Gründen in den Gegenverkehr geraten war und dabei frontal mit einem Motorrad zusammengestoßen ist. Der Fahrer des Motorrades und seine 14 jährige Tochter sind noch an der Unfallstelle verstorben.

Heute, vor ca. 1 Stunde erreicht mich die Nachricht, dass der ein Jahr ältere Bruder eines Freundes gestern Nacht an einem Herzinfarkt gestorben ist.

„Schluss, aus un alles vorbei“

Das sind die Momente im Leben, an denen du inne hältst und nachdenklich wirst…

Vergänglichkeit

tagtäglich um uns herum

Wer aufmerksam durch unsere Welt geht, wird überall den Kreislauf der Natur und damit die Vergänglichkeit sehen können.

Sei es der Tag der endet und die Nacht beginnt, die durch den Sonnenaufgang wiederum beendet wird. Sei es der Baum, der irgendwann stirbt und dessen Überreste Tieren als Behausung und Nahrung gibt und somit neues Leden spendet.

Man muss nur bewusst und mit offenen Augen durch unsere Welt gehen, dann sieht man das Wirken des Todes und damit gleichzeitig das Leben.

Im übertragenden Sinne ist ein Wald nicht nur ein Lebensraum, sondern gleichzeitig ein Friedhof – gefüllt mit Leben.

Und mit diesem Gedanken sollten wir unsere jetzigen Friedhöfe mit Leben füllen – sie auch zu einer Stätte der Begegnung machen.

Hierzu fällt mir noch eine Geschichte von dem Pfarrer ein, der Marcel beerdigt hat. Einige Zeit später trafen wir Ihn bei der Besprechung der Beerdigung unseres Vermieters. Da meine Frau schwanger war, sagte er spontan, als er es sah:

„Ich sehe mit Freuden auf Ihren Bauch.“

Etwas später sprach er uns darauf an und entschuldigte sich fast dafür, da es ja gleichzeitig um die Beerdigung ging.

Das Leben gehört zum Tod, wie der Tod zum Leben.

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