Ein Leichenwagen und seine Erlebnisse

Schlagwort: Gedanken (Seite 4 von 4)

Vergänglichkeit

Nicht nur Friedhöfe sind Orte, an denen die Vergänglichkeit unserer Existenz sichtbar ist:

Ruine Kollenburg

Zufällig bin ich auf diese wunderbare Burgruine am Main gestoßen, die mich beim ersten Anblick in Verzückung versetzt hat. Diese Mischung aus Verfall und Neubeginn durch den Bewuchs, übt ein ganz besonderen Charme aus und ist ein Besuch wert.

Leider ist es nicht möglich, mit Azrael zur Ruine zu kommen, aber ich bin mir sicher, ein #nightshooting wird noch stattfinden.

Da sie etwas abseits der „normalen“ touristischen Ströme liegt, bietet sie eine wunderbare Gelegenheit sich in Demut zu üben, ohne das die Stimmung drückend wäre.

Spuren der Vergänglichkeit

Täglich werden wir ständig angetrieben, höher, schneller, weiter als die anderen zu kommen, wir werden überflutet mit Anleitungen, wie wir unser Leben „verbessern“ können, wie wir uns aus der breiten Masse erheben können.

Ist das wirklich der Sinn unseres Lebens?

Die Würde des Menschen…

…endet beim Sterben.

Waldfriedhof Groß-Umstadt

Harte Worte, leider harte Realität in den letzten Wochen und Monaten. Doch unabhängig von der Pandemie, wie oft lesen wir, dass Menschen still und einsam in Ihrer Wohnung sterben und unbemerkt mehrere Tage und Wochen dort liegen.

Heute habe ich gelesen, das in Hessen das erste Tageshospiz aufgemacht hat, das 6. in Deutschland – ein Ort, an dem Todsterbenskranke tagsüber betreut werden, um dann Abends wieder bis zum nächsten Morgen bei Ihren Angehörigen zu sein.

In anderen Ländern Europas, wie zum Beispiel England oder Österreich gibt es das schon länger und es gibt erheblich mehr Einrichtungen dieser Art.

Meine Mutter ist an Krebs gestorben und konnte zuhause sterben – ich saß an ihrem Bett, als sie ihren letzten Atemzug gemacht hat. Hier gehörte der Tod wirklich zum Leben dazu – wenn ich daran denke, dass sie in der Einsamkeit eines Krankenhauses oder Pflegeheims ihre letzten Stunden verbracht hätte…

Es liegt an uns, dem Sterben und dem Tod wieder Würde zu verleihen. Und damit die Toten zu Ehren – anstatt sie möglichst kostengünstig irgendwo auf einem anonymen Grabfeld still und heimlich zu verscharren.

Den irgendwie hat der Kapitalismus auch hier Einzug gehalten…

Verlust-Ängste?

Es passiert mir häufig, dass Menschen interessiert, aber auch mit einer gewissen Scheu und auch Abneigung Azrael und mich betrachten. Manch einer bezeichnet es als makaber, mit einem Leichenwagen (der übrigens 27 Jahre im Einsatz war) durch die Gegend zu fahren.

Gleichzeitig werden wir tagtäglich mit dem Tod, mit dem Sterben konfrontiert – Artensterben, Waldsterben, Unfälle, Katastrophen und die Corona-Toten, gepaart mit der täglich konsumierten Menge an Brutalität in Netflix und co. sollten uns doch umgänglicher mit dem Thema Tod gemacht haben?

Oder liegt es daran, das der Tod auf den Bildschirmen, in der Zeitung, im Web ein „virtueller“ Tod ist – nicht greifbar, nicht real, er hat nichts mit uns zu tun?

Der Leichenwagen jedoch, der direkt vor uns steht, ist greifbar, ist ein Synonym für den Tod, für die Vergänglichkeit, für Verlust, Trauer, Schmerz.

Azrael vor dem Illenauer Friedhof

Ich gehe dann meist auf die Menschen zu, lade sie ein, ein Blick in das Innere zu werfen, öffne bereitwillig die Hecktür oder fordere sie auf, sich mal auf den Beifahrersitz zu setzen. Und in den meisten Fällen siegt die Neugier und es ergeben sich nette und interessante Gespräche.

Der Tod ist Bestandteil des Lebens und wir alle sollten lernen, bewusst mit unserer Vergänglichkeit umzugehen.

Vielleicht haben wir Angst oder Unbehagen im Umgang mit dem Tod, weil uns dadurch bewusst wird, dass wir jederzeit, jeden Augenblick einen geliebten Menschen verlieren können?

Und ist Liebe nicht eine der größten und wunderbarsten Emotionen, zu denen wir Menschen fähig sind?

Gedenkstätte für Sternenkinder auf dem Waldfriedhof in Groß-Umstadt

Neuere Beiträge »

© 2024 AzraelsReisen

Theme von Anders NorénHoch ↑

Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner