(1) Die Anreise

Irgendwie befanden wir uns eigentlich immer auf Anreise irgendwohin.

Denn Grund für diese Mammut-Tour war einerseits eine Veranstaltung der Friedhofsflüsterin Anja Kretschmer – Scientia mortuorum – Von der Wissenschaft der Toten Vol. V – am 20. August im Plastinarium in Guben.

Unsere beiden „Leichen“ am Start

An dieser Veranstaltung nehmen regelmäßig die „Schwarzfahrer“ mit Ihren Wagen teil, gehört doch Anja mit Ihrer „Leiche“ auch zu uns und wir haben die Möglichkeit unser Fahrzeuge zu präsentieren.

Schließlich geht es uns auch um den Erhalt der Bestattungskultur in Deutschland, zu denen die „klassischen“ Leichenwagen einfach dazugehören – man könnte auch sagen:

Sprinter? – Nein Danke!

Und andererseits das alljährlich an anderen Orten stattfindende Leichenwagentreffen, eine Woche später, diesmal in Rostock.

Was lag also näher, als diese beiden Termine mit einer Rundreise durch den Osten Deutschlands zu verbinden – wobei sich irgendwie zwischen diesen beiden Wochenenden rund 10 Leichenwagen auf einer solchen Rundreise befanden. 😉

Da wir zu zweit, aber mit zwei Fahrzeugen unterwegs waren, konnten wir diesmal Azrael als „Lastesel“ benutzen und unser Wohn-Schlaf-Zimmer in der Lady Leiche einrichten.

Ein Kindersarg?

Ja, Ihr seht richtig – ich hatte mich entschlossen, den Sarg ebenfalls mit auf die Reise zu nehmen. Zwar nicht so offensichtlich, wie hier auf dem Bild, aber er war dabei.

Es sollte einfach so sein…

Marcel ist auch dabei

Da wir mit der Lady Leiche nicht zu lange Strecken fahren wollten, entschlossen wir uns, die Anreise nach Guben (rund 670 km) auf zwei Tage aufzuteilen.

Leipzig bot sich aus mehreren Gründen für uns als Zwischenstopp an, so dass die erste Ettape von Frankfurt nach Leipzig führte.

Auf meinen früheren Fahrten nach Leipzig ist mir immer das große Denkmal am KZ Buchenwald aufgefallen und diesen Ort wollte ich immer mal besuchen.

Was lag da näher als dies auf der Anreise zu tun?

KZ Buchenwald

Auf dem Parkplatz vor dem KZ

Alleine die Anfahrt auf der „Blutstraße“ – eine 1938/39 von Häftlingen erbaute 5 km lange Zufahrt durch den Wald zum KZ – machte uns nachdenklich.

War es eine Gute Idee ausgerechnet mit zwei Leichenwagen ein KZ zu besuchen, in dem über 56.000 Menschen ermordet wurden?

Nur aufgrund Ihrer Religion, Ihrer politischen Gesinnung, Ihrer sexuellen Identität, Ihrer Herkunft, Ihrer was auch immer?

JA – denn AzraelsReisen steht auch für #gegendasvergessen und #niewieder

Und letztlich sind wir im Tod alle gleich…

Die schiere Größe der Anlage zeigte uns deutlich vor Augen, dass es bei diesem Kurzbesuch nicht bleiben durfte und wird.

Dies ist kein Ort „im Vorbeigehen“ und wir werden auf jeden Fall wieder hierher zurückkehren – diesmal für mindestens einen ganzen Tag.

Ganz besonders in Erinnerung geblieben ist mir ein Bild, ein Raum, gefüllt mit 701 Metallurnen.

Der „Urnen-Raum“

Diese Urnen wurden 1997 während Renovierungsarbeiten auf dem Dachboden des Krematoriums gefunden und enthielten noch die Asche von Verstorbenen. Die Asche wurde dann später bei einer Trauerfeier bestattet.

Wer glaubt, dass sich in jeder Urne die Asche eines Menschen befand, unterliegt einem Irrglaube. In der Regel wurde die Asche wahllos auf mehrere Urnen verteilt bzw. War die Asche von mehreren Menschen auf einem Haufen.

Es schnürte uns die Kehle zu.