Ein Leichenwagen und seine Erlebnisse

Schlagwort: Kinder (Seite 1 von 3)

25 Jahre

Dünnhäutig

Dieses Jahr ist die Trauer wieder ganz nah, eine dünne Schicht liegt zwischen mir und dieser überbordenden Gefühlswelt, die mich droht in einem Sog zu verschlingen.

Warum ist das so? frage ich mich und gehe, typisch männlich, sofort in die Analyse.

Das lenkt ab, das schützt mich, damit kann ich eine Schutzblase um mich bilden, in der ich nicht jeden Moment damit rechnen muss, das diese Gefühle aus meinen Augen quellen und langsam als nasse, salzige Tränen an meinen Wangen herunterrinnen.

In Trauer baden

Ja, dieses Jahr ist es „schlimmer“, doch es ist gut so!

Schließlich sind 25 Jahre eine verdammt lange Zeit. 25 Jahre sind seit damals vergangen und morgen ist es soweit…

Morgen wäre er – NEIN – IST er 25 Jahre alt!

25 Jahre, in denen die Trauer immer da war, diese Fragen, was wäre gewesen wenn…

Und doch ist es diesmal anders – ich WILL in Trauer baden, ich lasse die Trauer zu, ich lebe mit und in ihr!

Ich weiß nicht, wie ich den heutigen Abend verbringen werde oder was ich morgen tun werde – sicher gehe ich ans Grab, doch das ist kein „Muss“, es ist ein „Kann“, ein „Wollen“.

Wahrscheinlich werde ich ein Glas Whisky auf und wer weiß, mit Ihm trinken – vielleicht gehe ich heute Nacht auf den Friedhof und erhebe um 12 Uhr das Glas an seinem Grab…

Ich werde eine Kerze anzünden, ein Licht in dunkler Nacht.

Komm großer schwarzer Vogel

Auf jeden Fall werde ich Musik hören:

You’ll never walk alone & Steh auf, wenn du am Boden bist

von den Toten Hosen.

Laut, richtig laut und noch etwas werde ich hören:

Ja, i werd‘ singen,
I werd‘ lachen,
I werd‘ „des gibt’s net“ schrei’n
I werd‘ endlich kapier’n
I werd‘ endlich glücklich sein!

I werd‘ singen
I werd‘ lachen
I werd‘ „des gibt’s net“ schrei’n
I werd endlich kapier’n
I werd‘ endlich glücklich sein!

aus „Komm großer schwarzer Vogel „von Ludwig Hirsch

Ich habe meinen Frieden mit Ihm geschlossen und ich habe meine Trauer akzeptiert – deswegen werde ich Feiern und Traurig sein – in einem Moment.

Denn ich Liebe Ihn, meinen Sohn, den ich vor 25 Jahren das erste Mal in den Armen halten durfte, nur um ihn gleich darauf wieder hergeben zu müssen.

Komm großer schwarzer Vogel
Komm großer schwarzer Vogel

Ich werde Trauern, mit Liebe im Herzen.

Und es ist gut so.

An all jene, die sich Fragen, ob es denn irgendwann mal „genug“ sein wird:

Nein, wird es nicht!

Es wird anders, es wird irgendwann nicht mehr so präsent sein, es wird jedoch immer da sein – egal wieviel Zeit vergangen ist.

Und das ist OK, Eure Trauer ist OK, lasst Sie zu, lebt Sie aus, lebt mit Ihr!

In stiller Anteilnahme

Heute ist wieder so ein Tag, an dem Ich mich Frage, warum Dinge geschehen.

Warum jemand anscheinend zufällig mit seinem Auto vor einer Schule stehen bleibt…

Warum dieser Jemand zufällig ein Sturmgewehr dabei hat…

Warum dieser Jemand wahllos in einer Grundschule um sich schießt…

Warum?

Eine Frage, die ich mir vor mittlerweile fast 25 Jahren immer und immer wieder gestellt habe.

Und auf deren Antwort ich bis heute warte.

Ich habe irgendwann gelernt, mit dieser Frage zu leben.

Der Präsident der Vereinigten Staaten, Jörg Biden, musste Selbst den Tod zwei seiner Kinder erleben und er hat heute folgende Worte gesagt:

In Gedanken und im Herzen bei den Angehörigen 🖤

Wien (6)

Niemals Vergessen

Ich versuche in meinen Beiträgen meist Themen und Epochen zusammen zu bearbeiten.

Beim durchsehen der Bilder vom Wiener Zentralfriedhof dachte ich zuerst, sowohl die Bilder von diesem Bereich, wie auch die Bilder von den Kriegsgräbern zusammen zu posten.

Doch angesichts des Hintergrundes dieser Gedenkstätte, widme ich diesen Blogbeitrag ausschließlich den über 800 mordeten Kindern und Jugendlichen, an die hier erinnert wird.

Hintergrund

„Der Name Am Spiegelgrund bezeichnet eine Jugendfürsorgeanstalt der Stadt Wien auf der Baumgartner Höhe ( (der heutigen Klinik Penzing, vor 2020 Otto-Wagner-Spital), wo in der Zeit des Nationalsozialismus von 1940 bis 1945 kranke, behinderte und „nicht erziehbare“ Kinder und Jugendliche gequält und an die 800 Kinder ermordet wurden. Der nationalsozialistische Rassenwahn verlangte die „Ausmerzung“ von „lebensunwertem Leben“. Unter dem nach 1945 verwendeten, verharmlosenden Begriff der „Euthanasie“ (griechisch für „schöner Tod“) töteten Ärztinnen und Ärzte all jene Kinder, die von ihnen als „bildungsunfähig“ und „Dauerkosten“ verursachend eingestuft wurden oder interessantes medizinisches Material für die Gehirnforschung abgaben.“

Webseite: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Am_Spiegelgrund

Überschrieben ist der oben zitierte Text mit „Tötungsanstalt des NS-Regimes“.

Mit der Verwendung „NS-Regime“ oder „die Nazis haben…“ bekomme ich immer etwas Bauchgrummeln, denn es waren Menschen, wie Du und Ich, die solche Taten anderen Menschen, wie Du und Ich angetan haben!

„Die Tötungen verliefen meistens nach dem gleichen Muster. Nach Erstellung des ärztlichen Gutachtens und einer eventuellen Meldung begann eine Verschlechterung des allgemeinen Gesundheitszustands mit schlechter Nahrungsaufnahme, Gewichtsverlust, Schnupfen, Katarrh, Lungenentzündung und hohem Fieber, bis schließlich der Tod eintrat. Viele Kinder verloren im Laufe ihres Aufenthaltes an Gewicht, wodurch die Anfälligkeit für Infektionen stieg. Kinder, die lachen und spielen konnten, wurden zu apathischen Pflegefällen gemacht und dann getötet. Unterernährung und Unterkühlungen waren qualvoll. Herbeigeführt wurde der Tod meist durch Verabreichung einer Überdosis von Veronal oder Luminal.“

Webseite:https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Am_Spiegelgrund

Wer mehr über diese Gedenkstätte und deren Hintergrund erfahren möchte, bitte lest auf der obengenannten Webseite der Stadt Wien die unfassbare und unmenschliche Geschichte.

Das Gedächtnis der Opfer

In diesem Zusammenhang ist auch ein Artikel in der TAZ vom 14.12.2001 interessant, dokumentiert dieser Beitrag doch, wie armselig es um die Aufarbeitung unserer Geschichte bestellt ist und warum ein Erinnern so wichtig ist.

https://taz.de/Das-Gedaechtnis-der-Opfer/!1135794/

Gegen das Vergessen

Wenn Ihr in Wien auf dem Zentralfriedhof seid, ihr findet diese Gedenkstätte unweit des Grabes von Falco.

Nehmt Euch die Zeit und besucht diese Gedenkstätte, haltet einen Moment inne.

#sagemeinendank

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