Vorhersehung
Komm, großer schwarzer Vogel,
Komm jetzt!
Schau, das Fenster is weit offen,
Schau, ich hab der Zucker aufs Fensterbrett g’straht.Komm, großer schwarzer Vogel,
Komm zu mir!
Spann‘ Deine weiten, sanften Flügel aus
Und leg’s auf meine Fieberaugen!
Bitte, hol‘ mich weg von da!Und dann fliegen wer
Aufi, mitten in Himmel eini,
In a neuche Zeit,
In a neuche Welt.
Und i werd‘ singen,
I werd‘ lachen,
I werd‘ „das gibt’s net“, schrei’n,
Weil, i werd‘ auf einmal kapier’n
Worum sich alles dreht.Komm, großer schwarzer Vogel,
Hilf mir doch!
Press‘ Dein‘ feuchten, kalten Schnabel
Auf meine Wunde, auf meine heiße Stirn!Komm, großer schwarzer Vogel,
Jetzt wär’s grad günstig!
Die ander’n da im Zimmer schlafen fest
Aber ganz leise sein,
Da hört uns die Schwester ned
Bitte, hol mich weg von da!Und dann fliegen wir
Aufi, mitten in Himmel eini,
In a neuche Zeit,
In a neuche Welt.
Und i werd‘ singen,
I werd‘ lachen,
I werd‘ „das gibt’s net“, schrei’n,
I werd‘ auf einmal kapier’n
Worum sich alles dreht.Ja, großer schwarzer Vogel,
Endlich!
Ich hab‘ Di gar ned eini kommen ghert,
Wie lautlos Du fliegst,
Mein Gott,
Wie schön Du bist!Auf geht’s, großer schwarzer Vogel,
Auf geht’s!
Baba, ihr meine Lieben daham!
Du, mei Mädel,
Und du, Mama, baba!
Bitte, vergesst’s mi ned!Auf geht’s,
Mitten in Himmel eini,
Ned traurig sein!
Na, na, ist ka Grund zum Traurigsein!
Weil, i werd‘ singen,
I werd‘ lachen,
I werd‘ „des gibt’s net“ schrei’n.
I werd‘ endlich kapier’n
I werd‘ glücklich sein!I werd‘ singen,
I werd‘ lachen,
I werd‘ „des gibt’s net“ schrei’n.
I werd‘ endlich kapier’n,
I werd‘ glücklich sein!Ja, i werd‘ singen,
I werd‘ lachen,
I werd‘ „des gibt’s net“ schrei’n
I werd‘ endlich kapier’n
I werd‘ endlich glücklich sein!I werd‘ singen
Ludwig Hirsch
I werd‘ lachen
I werd‘ „des gibt’s net“ schrei’n
I werd endlich kapier’n
I werd‘ endlich glücklich sein!
Dieser Text wurde 1979 von Ludwig Hirsch geschrieben und wer dieses Lied einmal gehört hat, den wird es nicht mehr loslassen. Zumindest mir ist es so ergangen und das ist schon einige Jahre her.
Ludwig Hirsch nahm sich 32 Jahre später das Leben, ließ sich vom großen schwarzen Vogel in den Himmel tragen – er war unheilbar an Lungenkrebs erkrankt.
Ob er zum Zeitpunkt, als er den Text schrieb, wusste, was ihm bevorstand?
Ich weiß es nicht, aber sicher beschäftigt sich jeder irgendwann in seinem Leben mit dem Tod, mit dem eigenen Tod und vielleicht auch mit dem Gedanken, diesem Leben ein Ende zu setzen?
Ich für meinen Teil habe das schon getan.
Und jedes Mal hat mich der Gedanken daran, dass ich wissen möchte, was morgen sein wird, davon abgehalten es zu tun – denn es gibt immer ein Morgen!
Und es liegt an uns, dieses Morgen zu gestalten, mit Leben, mit Liebe, mit Lachen zu füllen!
Lasst uns Lieben, lasst uns Lachen, lasst uns Leben!